Neubrandenburg. Klar könnten Torsten Krentz und Heiko Zinke mit diesem modernen Boot fahren, das Paddeln verlernt man schließlich nicht. Allerdings, und dabei müssen die beiden mit Verweis auf das nicht mehr aktuelle Wettkampfgewicht herzhaft lachen, ob sie in das schmale Boot auch hineinkommen, sei höchst fraglich. Neubrandenburg.
Krentz und Zinke waren einst erfolgreiche Kanuten beim SC Neubrandenburg, sie holten Medaillen bei Weltmeisterschaften, starteten bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul. Heiko Zinke ist mittlerweile wieder beim Club als Geschäftsführer tätig, Torsten Krentz seit mehr als 30 Jahren Bauunternehmer. Die Verbundenheit zum Kanusport ist geblieben: Im Bootshaus in der Schillerstraße hat Krentz noch immer zwei Boote zu liegen. Der 54-Jährige ist seit 1979 Mitglied beim SCN, er unterstützt seinen Club aber nicht nur auf diese Weise, sondern seit ein paar Jahren auch als Sponsor. Er habe beim SCN einfach sehr schöne Zeiten erlebt, jetzt, wo es möglich sei, möchte er etwas zurückgeben, sagte der Unternehmer.
Die Fahrkarte für die WM hat Wiebke Glamm schon
Profitiert hat davon Neubrandenburgs Kajak-Hoffnung Wiebke Glamm, die sich über ein neues Boot freuen darf. Das Kanu ist aus Karbon, wiegt nur zwölf Kilogramm und kostet knapp 4000 Euro. „Ich bin dieses Modell früher in der Jugend gefahren, da hat mir das Boot schon gefallen. Zwei Jahre hatte ich dann ein anderes, das aber nicht so stabil ist”, erzählte die 19-Jährige bei der offiziellen Übergabe des kleinen Wasserflitzers.
Sie sei dankbar und stolz, so ein Boot gesponsert zu bekommen. Wiebke Glamm bestreitet ihre erste Saison in der Elite; die 19-Jährige hat sich gerade bei den Ausscheidungsrennen in Duisburg eine Fahrkarte für die U23-Weltmeisterschaft im Sommer in Portugal ergattert.
Auch SCN-Geschäftsführer Heiko Zinke freut sich über die finanzielle Unterstützung seines alten Weggefährten: „Wir möchten alle, dass das Ganze hier am Laufen gehalten wird. Da ist so eine Hilfe sehr wichtig.” Torsten Krentz weiß aus eigenem Erleben, was es heißt, Kanurennsport als Leistungssport zu betreiben. „Du sitzt manchmal morgens um 7 Uhr schon im Boot und trainierst. Es gehört sehr viel Leidenschaft dazu, diesen Sport zu betreiben”, sagte er. Der ehemalige Weltklasse-Kanute weiß, dass sich die Zeiten geändert haben, dass es heute anders und oft komplizierter ist, Leistungssportler zu sein. Er finde es deshalb toll, dass viele Jugendliche das alles dennoch auf sich nehmen. Zinke und Krentz erinnern sich mit einem Schmunzeln daran, wie es damals in ihrer aktiven Zeit gewesen ist, ein besseres Boot zu bekommen. Sponsorentum gab es in der DDR nicht, zumindest nicht offiziell. „Wir haben Zeitfahren gemacht. Wer gut war, bekam ein besseres Boot”, so Zinke. Modern und auf dem neuesten Stand seien die Kanus aber damals bereits gewesen.
Die Boote waren in der DDR sehr teuer
Dafür hatte die DDR viel Geld investiert. Die Boote wurden in der Entwicklungsabteilung für Sportgeräte der Forschungsstelle der DHfK (Deutsche Hochschule für Körperkultur und Sport) gebaut, die 1963 gegründet worden ist. Anfangs konzentrierten sich die Entwicklungsarbeiten auf die Sportarten Rudern, Kanu und Segeln. Später kam dann auch der Wintersport, Tennis und die Leichtathletik hinzu.
Heute firmiert die Abteilung als Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) mit Sitz in Berlin und wird unter anderem vom Bundesinnenministerium und Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gefördert. Der Ex-Kanute kann sich erinnern, dass so ein Einer-Kajak damals etwa 12 000 DDR-Mark gekostet habe.
Die politische Wende sorgte später dafür, dass Torsten Krentz in die Wirtschaft wechselte und nicht Trainer wurde. An der DHfK Leipzig hatte er zwar sein Sport-Studium erfolgreich beendet. Doch als er sah, dass in der Wendezeit ganz viele DDR-Trainer ihren Job verloren, orientierte er sich um. In seiner Firma beschäftigt er heute etwa 50 Mitarbeiter.
Autor: Thomas Krause Quelle: Nordkurier